Adipositaschirurgie
Interview mit KHEHST-Chefarzt Dr. Georg Fritzsch über Operationen zur Magenverkleinerung und für wen das geeignet ist
Adipositas ist eine Krankheit, bei der die Betroffenen unter krankhaftem und krankmachendem Übergewicht leiden. In Deutschland sind das etwa 17 Millionen Menschen. Zu den Behandlungsmöglichkeiten zählt die Adipositaschirurgie, ein Schwerpunkt der Allgemein-, Viszeralchirurgie und Gefäßchirurgie im Krankenhaus Eisenhüttenstadt. Dabei werden magenverkleinernde Operationen durchgeführt, beispielsweise Schlauchmagen, Magenbypass und Magenband.
Lesen Sie hier ein Interview mit unserem Chefarzt Dr. Georg Fritzsch.
Zur Person
Dr. Georg Fritzsch ist seit 2021 am Krankenhaus Eisenhüttenstadt tätig, zuvor war er Oberarzt am Klinikum Frankfurt (O.). Seit 2022 ist er a, KHEHST Chefarzt in der Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie, inklusive der Adipositaschirurgie.
Herr Fritzsch, was bedeutet Adipositaschirurgie?
Zur Adipositaschirurgie gehören Operationen, bei denen der Magen verkleinert wird, dafür gibt es verschiedene Verfahren. Alle haben das Ziel, dass der Mensch anschließend weniger Nahrung zu sich nehmen kann und sicher und kontinuierlich an Gewicht verliert. Sollte nach einem großen Gewichtsverlust eine plastische Nachsorge-OP notwendig sein, versorgen wir diese Patienten auch.
Ab wann spricht man von Adipositas?
Adipositas ist krankhaftes Übergewicht, das die Betroffenen in der Regel schon sehr lange haben. Ein BMI von 30 bis 35 ist Adipositas Grad I, ab BMI 35 bis 40 ist es Grad II, ab 40 Grad III. Eine Operation kommt ab Grad III infrage, bei schweren Begleiterkrankungen auch früher.
Bezahlt das die Krankenkasse?
Ja, es muss beantragt werden und dann klappt das meistens.
Welche Menschen kommen zu Ihnen?
Wer zu uns kommt, hat in der Regel eine lange Leidenszeit hinter sich und hat schon alles versucht. Es sind Menschen aus allen Bereichen der Gesellschaft und aus einem großen Einzugsbereich hier in Ostbrandenburg, weil nicht jede Klinik diese Eingriffe anbietet. Wir haben hier am Krankenhaus Eisenhüttenstadt relativhohe Fallzahlen und verfügen über viel Erfahrung.
Das Thema ist ja durchaus schambehaftet. Wie erleben Sie die Menschen, die zu Ihnen kommen?
Es ist für sie ein wichtiger und oft anstrengender Schritt, überhaupt in die Sprechstunde zu kommen und das Thema anzusprechen. Zuvor muss derjenige natürlich ein eigenes Bewusstsein entwickelt haben, dass überhaupt Handlungsbedarf besteht. Frauen kommen deshalb etwas früher als Männer, weil sie sich eher daran stören. Männer kommen oft erst, wenn schwerwiegende gesundheitliche Auswirkungen, beispielsweise Diabetes und Bluthochruck, dazukommen.
Wie begegnen Sie Ihren Patienten?
Mit Verständnis und Respekt. Wer hierher kommt, hat sich überwinden müssen. Ich kenne den Leidensdruck und weiß: Gute Ratschläge wie, iss doch mal weniger und mache mehr Sport, die helfen nicht mehr. Adipositas ist eine Krankheit, ähnlich wie bei einer Sucht. Und das Fiese ist: Sie können auf das Suchtmittel nicht verzichten, Sie müssen ja weiteressen. Also was tun? Mit einer OP können wir das Verdauungssystem wenigsten etwas austricksen.
Wie groß ist die Erfolgsquote?
Größer als 90 Prozent. In der ersten Woche verliert der Patient zehn Kilogramm, dann wird es langsamer. Und der Effekt bleibt, sofern man ein bisschen mitmacht bei der Lebens- und Ernährungsumstellung. Wir beraten sie dazu auch umfänglich. Die allermeisten schaffen das. Ganz wichtig ist hierbei auch eine gute Zusammenarbeit mit den Hausärzten, die ihre Patienten in der Regel gut kennen und umfassender betreuen als wir.
Wie läuft eine Adipositas-Behandlung mit OP im KHEHST ab?
Der Patient stellt sich vor, entweder weil sein Hausarzt ihn überwiesen hat oder weil er von sich aus direkt zu einem Experten wollte, auch das geht. Damit die Krankenkasse die Kosten trägt, muss der Patient noch einen Versuch einer konservativen Therapie unternehmen, das bedeutet Ernährungsberatung und Rehasport mit Nachweis. Nach sechs Monaten können wir einen Antrag bei der Krankenkasse stellen. Dann folgen noch einige Untersuchungen und eine psychologische Einschätzung. Und dann können wir operieren.
Gibt es Risiken?
Kaum. Natürlich kann bei jeder Operation des Verdauungstrakts etwas schief gehen, aber der Vorteil hierbei ist, dass der Magen ja nicht krank ist. Es kommt deshalb sehr selten zu Komplikationen. Es wird zudem minimalinvasiv operiert, das ist ein sehr schonendes Verfahren.
Sie haben die plastische Nachsorge angesprochen. Wie wichtig ist diese?
Sehr wichtig. Stellen Sie sich vor, Sie haben mit Erfolg abgenommen und dann können Sie sich im Sommer nicht im Badeanzug zeigen. Oder es treten gesundheitliche Beeinträchtigungen aufgrund der exzessiven Haut auf, wenn sie eine körperliche Arbeit ausüben. Das ist eine große psychische Belastung. Deshalb kümmern wir uns auch um die Nachsorge und versuchen immer, dass die Kasse auch diese Kosten übernimmt.
Beraten Sie Patienten auch zur Abnehmspritze, wäre das für manche eine Alternative?
Ja, die Spritze funktioniert, allerdings kann man damit nur etwa zehn Prozent seines Gewichts verlieren und muss die Spitze kontinuierlich nehmen, um den Erfolg beizubehalten. Die Kosten muss man selbst tragen.
Adipositaspatienten mit massivem Übergewicht profitieren eher von einer Operation. Manche Patienten sagen anschließend, dass sie das viel früher hätten machen müssen, weil es schnell ein Ergebnis, eine bessere Lebensqualität gebracht hat. Man darf ja nicht vergessen, es geht hierbei auch darum, ernsthafte Folgeerkrankungen abzuwenden.